Der Versand von rezeptpflichtigen Arzneimitteln ist jetzt rechtssicher fester Bestandteil des Versorgungsmix

Frauenfeld, 18. März 2016
Medienmitteilung

Revision des Heilmittelgesetzes 2. Etappe vom Eidg. Parlament beschlossen
Der Versand von rezeptpflichtigen Arzneimitteln ist jetzt
rechtssicher fester Bestandteil des Versorgungsmix
Das eidgenössische Parlament hat gesprochen: Nach einem mehrere Jahre dauernden
Gesetzgebungsprozess haben National- und Ständerat letzte noch vorhandene
Differenzen ausgeräumt und mit ihrem Ja in der Schlussabstimmung grünes Licht für
die vom Bundesrat angeregte zweite Etappe der Revision des Heilmittelgesetzes HMG
gegeben. Für die Versandapotheken ist der Befund durchzogen. Während der früher
stets heftig umstrittene Versandkanal für verschreibungspflichtige Arzneimittel jetzt
einen festen Platz in der Schweizer Medikamentenversorgung erhält, setzte sich in der
Frage, ob der Versand auch für nicht verschreibungspflichtige Medikamente (OTC)
geöffnet werden sollte, die Lobby der Ladenapotheker und Drogerien durch: Der
Versand von OTC ist zwar auch nach neuem Recht grundsätzlich erlaubt, allerdings
unter derart schikanösen Voraussetzungen, dass er sich auch unter dem Regime des
revidierten HMG am Markt nicht wird entfalten können. Die Geprellten sind die
Patientinnen und Patienten und die Krankenversicherer.
Die Gesetzesrevision, ursprünglich als innovativ angepriesen und mit dem Versprechen
verbunden, das neue Recht würde dereinst die Interessen der Patientinnen und Patienten
besser schützen als das derzeit geltende, verkam im Laufe der vierjährigen Beratungen leider
fast vollkommen zum reinen Verteidigungskampf um den Erhalt angestammter Privilegien.
Wesentliches wurde dabei vom Parlament aus den Augen verloren, und ganz am Schluss
wurde an nicht wenigen Stellen Einzelinteressen der Vorzug vor dem Gemeinwohl und der
Medikamentensicherheit gegeben. In einem solchen Klima spielte sich bedauerlicherweise
auch die zähe Diskussion rund um die Leitplanken für den Versandhandel ab. Einem zu mehr
Fortschrittlichkeit bereiten Ständerat stand dabei stets ein von den Interessen der
Ladenbesitzer dominierter Nationalrat gegenüber.
OTC-Versand: Schikanen zwingen Online-Bestellende vorerst, ins Ausland
auszuweichen
In der Frage der Zulässigkeit des Postbezugs obsiegte schliesslich der Kompromiss –
allerdings der faule: Der Versand sowohl von verschreibungspflichtigen als auch von nicht
verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bleibt erlaubt, aber es gelten für beide Arten die
gleichen Regeln. Für verschreibungspflichtige Arzneimittel bedeutet dies, dass der
Versandkanal, der jahrelang politisch äusserst umstritten war, jetzt rechtssicher über einen
festen Platz in der Schweizer Medikamentenversorgungslandschaft verfügen wird. Für nicht
verschreibungspflichtige Medikamente hingegen bedeutet dies, dass auch das neue Recht an
der angestammten Schikane festhält: Online-Bestellungen von rezeptfreien Medikamenten
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sind zwar möglich, aber nur, wenn dafür vorgängig ein ärztliches Rezept beschafft worden ist.
Dazu Walter Oberhänsli, CEO von Zur Rose Group: «Absurd und ewiggestrig. Wenn das
geflügelte Wort vom Berg, der eine Maus geboren hat, je gestimmt hat, dann im
Zusammenhang mit dieser Revision des Heilmittelgesetzes. Das neue Recht entspricht über
weite Strecken dem alten. Zu einer Modernisierung, die diesen Namen verdient, ist es leider
nicht gekommen.»
Hoffen auf baldige Nachbesserung des HMG
Hinsichtlich der Regeln für den OTC-Versand bedauert Zur Rose, dass das Parlament die
Chance verpasst hat, bereits anlässlich der aktuellen Gesetzesrevision die versteinerten und
sowohl für die Patientinnen und Patienten als auch für die Krankenversicherer zu erheblichen
Mehrkosten führenden Versorgungsstrukturen aufzubrechen und am Ladenbesuchszwang
festhält. Zur Rose ist aber vom rückwärtsgewandten Entscheid nicht direkt betroffen: Bereits
im letzten Jahr war nach einem von Wettbewerbern angestrengten Verfahren, dem sich
erstaunlicherweise der an sich zur Wettbewerbsneutralität gehaltene Regulator
angeschlossen hatte, auf den Aufbau eines OTC-Versandkanals in der Schweiz vorläufig
verzichtet worden. Wird gegen das revidierte HMG kein Referendum ergriffen, kann davon
ausgegangen werden, dass es auf Anfang 2017 in Kraft tritt. Zur Rose hofft, dass die darin
noch enthaltenen Schwachstellen schon bald mit geeigneten Mitteln korrigiert werden und
den Patientinnen und Patienten zu echter Wahlfreiheit verholfen wird.
Situation in den Nachbarländern
In Deutschland ist die Möglichkeit der Abgabe von Arzneimitteln via Versandhandel gesetzlich
geregelt. Der deutsche Gesetzgeber hat dabei die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes
umgesetzt, der das bis 2003 geltende nationale Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln
als unionsrechtswidrig eingeordnet hatte. Deutschen Apotheken, die im Besitz einer
Versandhandelserlaubnis sind, ist insbesondere der Vertrieb von OTC-Produkten via
Versandhandel gestattet. Rezepte müssen für den Versand rezeptfreier Arzneimittel nicht
vorgelegt werden. Entsprechend steigt in Deutschland der Anteil rezeptfreier Arzneimittel, die
per Post bezogen werden, Jahr für Jahr. Das Nachbarland Österreich folgt: Hier ist der Versand
rezeptfreier Arzneimittel seit Mitte 2015 ebenfalls erlaubt; ein ärztliches Rezept braucht es auch
hier nicht.